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Oberlandesgericht hebt Widerruf der Nebenklagezulassung auf

Das OLG Rostock hat mit Beschluss vom 28. Februar 2017 den erneuten Widerruf der Nebenklageberechtigung annulliert und für rechtswidrig erklärt. Dazu heißt es in einer Pressemitteilung: "Oberlandesgericht Rostock hebt im Strafverfahren gegen ehemaligen KZ-Sanitäter Hubert Z. den Beschluss des Landgerichts Neubrandenburg zum Widerruf der Nebenklagezulassung auf

Das Oberlandesgericht Rostock kommt in seiner am 28.02.2017 getroffenen Entscheidung zu dem Ergebnis, dass der vom Landgericht Neubrandenburg mit Beschluss 13.02.2017 erfolgte Widerruf der Nebenklageberechtigung zu Unrecht erfolgte.

Hierzu führt der Senat in seiner Begründung unter anderem aus:

„Mit Anklageschrift vom 23.02.2015 legt die Staatsanwaltschaft Schwerin dem Angeklagten Beihilfe zum Mord in mindestens 3681 tateinheitlich zusammentreffenden Fällen zur Last. Sie wirft ihm vor, durch seine Tätigkeiten als Sanitätsdienstgrad und Angehöriger der SS-Sanitätsstaffel im Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau in der Zeit vom 15.08. bis zum 14.09.1944 das arbeitsteilige Lagergeschehen und insbesondere den ihm bekannten „industriellen“ Ablauf der dort vorgenommenen Massentötungen unterstützt und gefördert zu haben.

Nachdem die Schwurgerichtskammer des Landgerichts Neubrandenburg die Eröffnung des Hauptverfahrens wegen nach ihrer Auffassung bestehender absoluter Verhandlungsunfähigkeit des Angeschuldigten mit Beschluss vom 17.06.2015 aus rechtlichen Gründen abgelehnt hatte, ließ der Senat auf die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft Schwerin nach Einholung eines ergänzenden fachpsychiatrischen Gutachtens über den Angeschuldigten mit Beschluss vom 27.11.2015 - 20 Ws 192/15 - unter Aufhebung der Nichteröffnungsentscheidung die Anklage unverändert zur Hauptverhandlung zu und eröffnete das Hauptverfahren vor der Schwurgerichtskammer des Landgerichts Neubrandenburg. Zugleich erklärte der Senat den Anschluss des Walter Plywaski als Nebenkläger für berechtigt.

Mit Beschluss vom 18.02.2016 widerrief das Landgericht Neubrandenburg die Anschlussberechtigung des Nebenklägers Walter Plywaski mit der Begründung, der Tod seiner Mutter Regina Plywaski, die nach seinen glaubhaften Angaben sofort nach ihrer Ankunft im Lager Auschwitz-Birkenau am 15.08.1944 ermordet wurde, werde weder als Einzeltat noch als Handlungseinheit von der Anklageschrift erfasst, weshalb es an seiner Berechtigung fehle, sich dem Verfahren als Nebenkläger anzuschließen.

Diesen die Nebenklagebefugnis des Walter Plywaski widerrufenden Beschluss des Landgerichts Neubrandenburg hat der Senat auf dessen dagegen gerichtete Beschwerde mit Beschluss vom 23.02.2016 aufgehoben. In den Entscheidungsgründen hat der Senat dargelegt, warum auch die Ermordung der Mutter des Nebenklägers formal von der Anklage umfasst ist, wohingegen die nähere Klärung, ob der Angeklagte sich auch insoweit der Beihilfe schuldig gemacht hat, der Hauptverhandlung vorbehalten bleiben müsse. Solange auch nur die entfernte Möglichkeit bestehe, dass dies der Fall sein könnte, sei die Nebenklageberechtigung des Walter Plywaski gegeben.

Ausgehend von dieser Senatsentscheidung hat das Landgericht mit Beschluss vom 26.02.2016 auch den zweiten Sohn der ermordeten Regina Plywaski, William, als Nebenkläger zugelassen.

Eine erste Hauptverhandlung in dieser Sache hat bislang an wenigen Tagen stattgefunden. Sie ist bisher nicht über die von den Verfahrensbeteiligten erneut kontrovers diskutierte Frage der Verhandlungsfähigkeit des Angeklagten hinausgekommen. Weder hat es bislang eine Einlassung des Angeklagten zur Sache gegeben, noch wurde in die Beweisaufnahme eingetreten. Nachdem über mehrere Befangenheitsanträge gegen die berufsrichterlichen Mitglieder der Kammer nicht innerhalb der gesetzlichen Unterbrechungsfrist des § 229 Abs. 1 StPO entschieden worden war, muss mit der Hauptverhandlung neu begonnen werden (§ 229 Abs. 4 Satz 1 StPO). Ein Termin ist dafür noch nicht bestimmt worden. Die Schwurgerichtskammer hat zwischenzeitlich abermals die Begutachtung des Angeklagten auf seine Verhandlungsfähigkeit in Auftrag gegeben. Das Ergebnis steht noch aus.

Bei diesem Verfahrensstand hat das Landgericht nach entsprechender Ankündigung und nachdem die Verfahrensbeteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme hatten, mit Beschluss vom 13.02.2017 erneut die vom Senat festgestellte Anschlussberechtigung des Nebenklägers Walter Plywaski sowie die mit eigenem Beschluss vom 26.02.2016 festgestellte Anschlussberechtigung des Nebenklägers William Plywaski widerrufen. Die Schwurgerichtskammer begründet diese Entscheidung im Wesentlichen damit, sie halte ungeachtet der gegenteiligen Auffassung des Senats weiterhin daran fest, dass die Ermordung der Mutter der beiden Nebenkläger nicht vom Anklagevorwurf erfasst werde. Hinzu komme, dass der Bundesgerichtshof in seinem Beschluss vom 20.09.2016 - 3 StR 49/16 - ausdrücklich offengelassen habe, ob bei einer durchgehenden (einheitlichen) Unterstützungshandlung zu massenweisen Tötungsdelikten von einer tateinheitlichen oder von tatmehrheitlicher Beihilfe zum vielfachen Mord an den Opfern entsprechender Transporte in die NSVernichtungslager auszugehen sei. Die dazu vertretene Auffassung des 2. Strafsenats des Bundesgerichtshofes in seiner Entscheidung vom 20.02.1969 - 2 StR 636/68 -, der von tatmehrheitlicher Beihilfe zu jedem einzelnen Mord ausgegangen sei, beanspruche damit immer noch Geltung. Sie sei auch durch die weitere Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 16.11.2006 - 3 StR 139/06 -, auf den die Staatsanwaltschaft sich in ihrer Anklage berufe, nicht förmlich korrigiert bzw. aufgegeben worden. Sei aber rechtlich nur Beihilfe zu jeweils einzelnen Mordtaten möglich, nicht aber eine einheitliche Beihilfe zu Massentötungen, könne die Ermordung der Mutter der Nebenkläger, die zwar im Anklagezeitraum, aber mit keinem der in der Anklage explizit erwähnten Transporte in das Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau gebracht worden sei, auch aus Rechtsgründen nicht von der Anklage umfasst sein, weil dem Angeklagten darin ausschließlich die Unterstützung bei der Tötung der mit genau diesen Deportationszügen in das Lager verbrachten, auch zahlenmäßig genau bestimmten Opfer angelastet werde.

Gegen diesen (erneuten) Widerruf ihrer Nebenklageberechtigung wenden sich die Nebenkläger...

…Im Falle des Nebenklägers Walter Plywaski ist das Rechtsmittel schon deshalb begründet, weil das Landgericht ohne neue Tatsachengrundlage an die ihn betreffenden Senatsbeschlüsse vom 27.11.2015 und vom 23.02.2016 gebunden und deshalb nicht befugt war, diese (erneut) aufzuheben. Eine solche Aufhebungsbefugnis, wie sie die Schwurgerichtskammer abermals für sich in Anspruch genommen hat, steht – solange sich die Entscheidungsgrundlage nicht durch neue Umstände ändert – allein dem Senat zu, der sich hierzu indes nicht veranlasst sieht…

…Der Senat, der danach im Falle des Nebenklägers Walter Plywaski allein zur Abänderung befugt ist, sieht aus den fortbestehenden Gründen seines Beschlusses vom 23.02.2016 weiterhin keinen Anlass, dessen Nebenklageberechtigung abweichend zu beurteilen. Neue tatsächliche Erkenntnisse, die eine andere Entscheidung rechtfertigen könnten, sind seither nicht hervorgetreten...

…Soweit das Landgericht mit dem angefochtenen Beschluss … auch die von ihm selbst in seinen Beschluss vom 26.02.2016 festgestellte Anschlussberechtigung des Nebenklägers William Plywaski widerrufen hat, ist dessen dagegen gerichtete Beschwerde … gleichermaßen begründet.

Damit liegt nun auch bezüglich dieses Nebenklägers eine Beschwerdeentscheidung des Senats vor, die das Landgericht in dem oben genannten Umfang bindet…"

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