Nebenklage stellt Strafanzeige gegen Gericht wegen Rechtsbeugung
Nachdem das Landgericht Neubrandenburg erneut dem Auschwitz-Überlebenden Walter Plywaski abgesprochen hat, am Prozess in Neubrandenburg als Nebenkläger aufzutreten, haben dessen Anwälte Anzeige gegen die Richter am Landgericht erstattet. Diese missachten Entscheidungen des Oberlandgerichtes, heißt es, und machen sich damit der Rechtsbeugung strafbar. Nachfolgend ist die Pressemitteilung der Nebenklage dokumentiert.
"Ermittlungsverfahren wegen 'Rechtsbeugung' gegen Richter im Zafke-Verfahren
Presseerklärung vom 09.04.2017
Als Nebenklägervertreter von Walter Plywaski und William Plywaski aus Boulder / USA nehmen wir dazu Stellung, dass gegen die Berufsrichter der Schwurgerichtskammer am Landgericht Neubrandenburg im Auschwitz-Verfahren gegen Zafke ein Ermittlungsverfahren wegen eines Verbrechens der Rechtsbeugung gem. § 339 Strafgesetzbuch eingeleitet wurde. Die Staatsanwaltschaft Stralsund – Az. 526 Js 9674/17 – führt diese Ermittlungen gegen den Vorsitzenden Richter K. und gegen die Richterin B. sowie den Richter E. auf Grund der Strafanzeige von Rechtsanwalt Thomas Walther vom 18.03.2017 nach Beauftragung durch die Generalstaatsanwaltschaft Rostock. Die Nebenkläger, die durch das Strafverfahren wegen Beihilfe zum Mord gegen Zafke Gerechtigkeit für ihre ermordete Mutter erlangen wollen, sind seit über 1 ½ Jahren von den Richtern der Schwurgerichtskammer systematisch an ihrer Beteiligung an dem Verfahren gehindert worden. Anträge wurden zumeist abgelehnt, die für die Wahrnehmung ihrer Rechte notwendigen Entscheidungen wurden regelmäßig nur mit großer Zeitverzögerung getroffen. Nicht einmal die notwendige Informationsreise der Anwälte zu ihren Mandanten wurde über ein Jahr hin genehmigt, bis das Oberlandesgericht im Februar dieses Jahres mit klaren Worten eingegriffen hat. Kein Affront und keine Rechtsverweigerung durch die Kammer konnten im Neubrandenburger Gericht eine Besorgnis der Befangenheit der drei Berufsrichter begründen. Dann hat die Schwurgerichtskammer zum zweiten Mal am 13.02.2017 die vom Oberlandesgericht Rostock schon am 27.11.2015 festgestellte Berechtigung des Walter Plywaski widerrufen, als Nebenkläger am Verfahren teilnehmen zu können. Das war nicht nur eine erneute Rechtsverweigerung gegenüber dem Nebenkläger, sondern auch die erklärte Missachtung der Entscheidungen des Oberlandesgerichts Rostock. Wir halten diesen Beschluss für einen klaren Akt der strafbaren Rechtsbeugung und haben deswegen Strafanzeige gestellt. Unsere Auffassung, dass es sich bei dem Beschluss der Strafkammer um eine grobe Verletzung von Recht und Gesetz handelt, teilen sowohl die Staatsanwaltschaft als auch das zuständige Oberlandesgericht Rostock. So hat bereits die Generalstaatsanwaltschaft am 28.02.2017 in ihrer Stellungnahme zu der Beschwerde, mit der sich die Nebenkläger gegen den von der Strafkammer beschlossenen Widerruf ihrer Zulassung gewehrt hatten, ausgeführt, dass 'die Schwurgerichtskammer sich über den Senatsbeschluss [des OLG Rostock vom 23.02.2016] hinweg setzt, was … nur schwer erträglich ist.' Weiter heißt es dort, 'die Hartnäckigkeit, mit der die Kammer berechtigte Belange der Nebenkläger negiert, zeigt, dass sie nicht bereit ist, … in richterlicher Unbefangenheit zu verhandeln und zu entscheiden.' Das Oberlandesgericht Rostock hat dann in seiner Aufhebung der Entscheidung der Strafkammer festgestellt, dass die Strafkammer an die früheren Entscheidungen des Oberlandesgerichts vom 27.11.2015 und vom 23.02.2016 gebunden und deshalb schlicht nicht befugt war, dem Nebenkläger erneut seine Rechte zu entziehen. Wir hatten die Richter der Strafkammer im Vorfeld ihrer Entscheidung auf all dies hingewiesen. Die Entscheidung stellt damit eine bewusste Missachtung der eindeutigen Rollenverteilung zwischen dem Landgericht und dem Obergericht dar. Das allein begründet schon ganz unabhängig von der unvertretbaren Begründung der Entscheidung, mit der die Rechte unserer Mandanten gezielt ausgehebelt werden sollten, den Tatbestand des Verbrechens der Rechtsbeugung. Wir gehen fest davon aus, dass die Staatsanwaltschaft Anklage erheben wird. Ein jeder Akt der Rechtsbeugung durch Richter ist in einem Rechtsstaat ein Skandal. Besonders skandalös ist in diesem Verfahren, dass sich die permanente Rechtsverweigerung, die letztlich sogar zu einer strafbaren Rechtsbeugung geführt hat, gegen Menschen richtet, die nur mit Glück Auschwitz überlebt und dort ihre Verwandten durch Mord verloren haben. Zu Beginn dieses Strafverfahrens hatten unsere Mandanten gehofft, die deutsche Justiz werde ihnen – wenn auch spät – Gerechtigkeit geben. Dass sie auf Richter treffen würden, die ihnen mit Rechtsverweigerung bis hin zur Rechtsbeugung begegnen würden, hatten sie nicht erwartet. Rechtsanwalt Thomas Walther Professor Dr. Cornelius Nestler"